Das Programm MulTex 2.0
Inhalt:
Kurzbeschreibung
Das Programm MulTex 2.0 beinhaltet nicht einfach nur die 'n plus erste'
Texturbestimmungsmethode, deren Ziel es ist, aus gemessenen Beugungspolfiguren,
unter Berücksichtigung von Peaküberlagerungen(Koinzidenzen),
die Orientierungsdichtefunktionen mehrphasiger Probe zu berechnen.
Um Korrelationen mit den Parametern des texturmodifizierenden Prozesses
(Technologie, geophysikalische Prozesse) aufzufinden,
müssen diese nach der Berechnung normalerweise erst noch geometrisch,
d.h. durch Vorzugsorientierungen und -achsen, Streubreiten und Volumenanteile
(Texturkomponenten), interpretiert werden. MulTex 2.0 beinhaltet beide Schritte in einem.
Da bei der Interpretation nur wesentliche Parameter und Zusammenhänge herangezogen werden
sollten, ist das hier praktizierte, interaktive Herangehen an die Komponentensuche nicht
nur sinnvoll sondern auch notwendig.
MulTex 2.0 hat folgende Leistungsmerkmale:
- Betriebssystem: Windows 95/98, Windows NT.
- MulTex beinhaltet ein konsequentes Datenbank-Management.
- Es werden gleichzeitig beliebig viele Proben, Kristallstrukturen, Meßraster und
Polfiguren verwaltet, d.h. eine Datenverwaltung über Ordner oder Verzeichnisse
ist nicht erforderlich.
- Polfiguren können auf beliebig dichtem Kleinkreis-Meßraster (regulär oder verdünnt)
vorliegen.
- Polfiguren, auch verschiedener Proben, können auf beliebig vielen, beliebig skalierbaren
Arbeitsblättern dargestellt werden. Zum Kopieren (in die Zwischenablage), Drucken oder
Speichern der Bilder im BMP bzw. WMF Format können beliebige, rechteckige Ausschnitte
festgelegt werden.
- Die Polfigurdarstellung kann wahlweise mit bis zu 200 Isolinien oder Isoflächen erfolgen.
- Neben der stereographischen Projektion kann die Polfigurdarstellung auch
flächentreu oder orthographisch (räumlich) erfolgen.
- Daten aus NJC Rayflex-Dateien (SEIFERT) können einfach per Knopfdruck übernommen werden.
- MulTex 2.0 ermöglicht Texturbestimmungen auch an Mehrphasensystemen (Multi-Texture).
Erfahrungsgemäß können bei hinreichender Zahl von Polfigurdaten die Texturen von bis zu drei
kristallinen Phasenanteilen (auch mit niedriger Kristallsymmetrie)
gleichzeitig bestimmt werden.
- Die Anzahl der in einer Polfigur überlagerten Braggreflexe (Koinzidenzen) ist beliebig,
im Normalfall 'weicher' Texturen sollte sie jedoch nicht größer als drei sein.
- Die Vorzugsorientierungen und -richtungen der Texturkomponenten werden
zunächst interaktiv (per Mausclick) abgeschätzt und anschließend gemeinsam
mit den anderen Komponenten- bzw. Polfigurparametern numerisch mittels
Least-Squares Fit verbessert bzw. berechnet.
Es können wahlweise einzelne oder gleichzeitig mehrere Komponenten angefittet werden.
Die Anzahl der Texturkomponenten ist beliebig.
- Der Komponentenfit ist für alle bekannten Kristallsymmetrien möglich.
Die möglichen Probensymmetrien sind durch die Punktgruppen Cn bzw. Dn gegeben.
- Die graphische Darstellung der Textur (ODF) durch Eulerschnitte ist für
beliebige Kristall- und Probensymmetrien möglich.
Das Proramm wird seit dem 01.01.2002 durch die Firma
Bruker-AXS /
www.bruker-axs.com
vertrieben.
Bei mir eingehende Bestellungen leite ich selbstverständlich weiter.
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Das MulTex-Hauptformular enthält vier verschiedene Bereiche:
Menüleiste
Am oberen Rand befindet sich die Menüleiste mit den Einträgen:
Daten: Kristallgitter, Proben, Raster, Komponenten, exp. Polfiguren,
Rayflex; Beenden
Über diese Menüpunkte gelangen Sie unmittelbar zu den Formularen zur Bearbeitung
der verschiedenen MulTex-Daten.
Bearbeiten: Seite, Darstellung, Polfiguren, Komponenten, Eulerschnitte;
Durch Auswahl dieser Menüeinträge werden die verschiedenen Register im Werkzeugordner
aufgerufen.
Ausschnitt: Drucken, Zwischenablage, Speichern(*.wmf), Löschen, Neuzeichnen;
Diese Funktionen betreffen alle Bilder im markierten Ausschnitt des Bildbereichs.
Berichte: PF-Bericht, ODF-Bericht
Damit werden Datenbankberichte über Texturkomponenten und Polfiguren der
aktuellen Probe erzeugt und dargestellt.
Hilfe: Info..., Hilfe.
Werkzeugordner
Unter der Menüleiste befinden sich die Register des Werkzeugordners:
Seiten-Register, Darstellungs-Register, Polfigur-Register, Komponenten-Register,
Eulerschnitt-Register,
Bildbereich
Im Bildbereich können einzelne Bilder vor ihrer Bearbeitung durch Anklicken mit
der linken Maustaste ausgewählt werden. Das gewählte Bild wird durch einen roten
Rahmen markiert. Läßt man außerdem beim Ziehen der Maus die Shift-Taste gedrückt,
kann ein rechteckiger Ausschnitt markiert werden, die entsprechenden Bildzellen
erhalten einen blauen Rahmen.
Das lokale Bildmenü wird durch Anklicken (rechte Maustaste!) einer Bildzelle
im Bildbereich geöffnet und enthält die Einträge: Löschen (löscht nur aktuelles Bild),
Beschriftung (zum Ändern der Bild-Beschriftung) und Iso-Farben.
Mit Merken werden die aktuellen Iso-Farben (normierte Zahlenwerte) zwischengespeichert,
mit Ersetzen können diese dann von beliebigen, vorher ausgewählten Bildzellen übernommen
werden.
Statuszeile
Am unteren Rand des Hauptformulars befindet sich die Statuszeile, in der verschiedene
Informationen und Hilfestellungen angezeigt werden.
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Das MulTex-Datenmodell
Eine Datenbank verwaltet die Dateneinheiten in Tabellen und Beziehungen.
Tabellen sind zweidimensional in Zeilen, die auch Datensätze genannt werden,
und Spalten gegliedert. Alle Datensätze einer Datenbank haben dieselbe Struktur.
Die Stelle, an der sich eine Spalte und ein Datensatz schneiden, ist ein Feld.
Eine weit verbreitete Form der Darstellung von Datenmodellen ist das
Entity-Relationship-Modell ('ER-Modell').
Eine Entität ist ein Objekt der realen Welt, welches durch eine Gruppe von
Informationen (einem Datensatz) charakterisiert werden kann.
MulTex beschreibt folgende Entitäten:
- Kristallstruktur
- Probe, Phasenanteil, Textur
- Meßraster, Meßkreis
- Polfigur, Koinzidenz
durch entsprechende Tabellen. Die Beziehungen zeigt das ER-Modell:
Beispielsweise besteht zwischen Meßraster und Polfigur eine (1:n) Verbindung,
das heißt für einen Datensatz der Tabelle Meßraster existieren ein oder mehrere
Polfigur-Datensätze.
Jede Polfigur wird an einer Probe gemessen (n:1) und kann mehrere BRAGG-Reflexe
enthalten (1:n).
Diese wiederum können durch verschiedene in der Probe vorhandene Phasenanteile
(1:n) erzeugt werden.
Jeder (kristalline) Phasenanteil hat eine Kristallstruktur (1:1).
Sämtliche Kristallstrukturen lassen sich eindeutig 32 Kristallklassen (Punktgruppen) zuordnen.
Jeder Phasenanteil hat eine Textur, die quantitativ durch die Orientierungsdichtefunktion
(ODF) beschrieben wird.
Diese recht komplizierte Datenstruktur ist erforderlich, um anhand von Beugungspolfiguren
Texturbestimmungen auch an Mehrphasensystemen (Multi-Texture) zu ermöglichen.
Sie brauchen sich aber um die beschriebenen Verknüpfungen nicht selbst kümmern,
da diese im MulTex-Programm fest „verdrahtet" sind.
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Beispiel Komponentenfit
(Auszug aus der Hilfedatei)
1. Aktivieren Sie das Komponenten-Register.
Über dem Bildbereich zeigt sich der Cursor jetzt als Fadenkreuz.
Zeichnen Sie die Polfiguren der Probe Eisen (Bsp.3) deren Textur bestimmt
werden soll nebeneinander.
Zur Komponentenbestimmung muß ein Phasenanteil und in jeder Polfigur
mindestens eine zugehörige Koinzidenz beschrieben sein.
Durch anklicken (linke Maustaste) einer Intensitätshäufung in einer
beliebigen Polfigur (hier die (011) PF-Eisen.x02) wird zunächst ein
Projektionsfaden festgelegt.
Dabei verschwindet der Komponentennavigator:
Ein Projektionsfaden hp||yp beschreibt die Menge aller Orientierungen,
für die die Normale hp der Netzebenen (hkl) parallel ist zur fixierten
Probenrichtung yp, die hier durch den roten Punkt dargestellt ist.
Die Orientierungen des Fadens bilden die symmetrisch äquivalenten Pole einer
beliebigen Netzebenenschaar (hkl) auf konzentrischen Kreisen ab, deren Winkelradien
kristallographisch vorgegeben sind.
Im kubischen Eisenkristall gibt es 12 symmetrisch äquivalente (011) Richtungen
(Kantenmitten des Würfels) deren Gesamtheit den Stern {011} bildet.
Der dargestellte Projektionsfaden entsteht durch Drehung des Sterns {011}
um die parallel zu yp festgehaltene Richtung (011).
Die in der gleichen Polfigur dargestellten Kreise im Winkelabstand von 60°, 90°, 120°
und 180° (letzterer entartet zu einem Punkt auf der unteren, unsichtbaren Polkugel)
werden durch die restlichen {011} Richtungen erzeugt.
Analog entstehen die Kreise in den anderen Polfiguren durch Drehung der
Sterne {111} bzw. {001} um die feste Richtung (011).
2. Die Vorzugsorientierung einer Texturkomponente wird festgelegt,
indem man eine auf dem Faden befindliche Intensitätshäufung in einer beliebigen
Polfigur (bei festgehaltener Alt-Taste) mit der linken Maustaste auswählt.
Alle Sterne sind nun fixiert. Deren Richtungen sollten, wie hier dargestellt,
auf Polfigurbereiche mit größerer Intensität zeigen:
Der Komponentennavigator erscheint wieder, und erlaubt nach dem Abschätzen der
Streubreite b das Hinzufügen der Komponente.
Zuvor kann man mit Hilfe des Tastenfeldes Sterne rotieren auch alle anderen
Orientierungen des Fadens einstellen.
3. Nachdem die Orientierung und damit die Sterne {111}, {011} und {001} fixiert sind,
werden diese nach dem Hinzufügen der Komponente entsprechend der vorhandenen
Probensymmetrie (im Beispiel orthorhombisch) vervielfältigt.
Im Fall orthorhombischer Probensymmetrie (Ordnung: 2; bilateral) geschieht die
Vervielfältigung durch eine 180°-Drehung der Sterne (bzw. des Kristallgitters)
um die X,Y bzw. Z-Achse:
4. Nach der interaktiven Abschätzung der Komponentenparameter am Bildschirm,
können diese numerisch genau berechnet (verfeinert) werden.
Das geschieht mit dem Tastenfeld Least-Squares-Fit.
Dabei kann eine beliebige Zahl von Rechenschritten vorgegeben werden.
Es ist möglich, alle Komponenten gleichzeitig (zwei Pfeile) oder nur die
jeweils aktuelle Komponente (ein Pfeil) zu verfeinern.
Die Berechnung der Komponenten erfolgt mit dem Ziel einer möglichst guten
Übereinstimmung der experimentellen und rückgerechneten Polfiguren.
Nach dem Optimieren der ersten Texturkomponenten ist es deshalb sinnvoll,
auch die rückgerechneten Polfiguren (Polfigur- Register),
die aus den bisherigen Komponenten bestimmt werden, vergleichsweise darzustellen.
Zum Auffinden weiterer Komponenten sollte man besser die Differenzpolfiguren
(Differenz zwischen experimentellen und rückgerechneten Polfiguren) darstellen,
da diese unmittelbar den noch nicht durch Komponenten erklärten Texturanteil beschreiben.
Die verschiedenen Polfigurtypen werden in der Darstellung rechts oben durch
XPF, RPF bzw. DPF charakterisiert.
Dargestellt ist ein Zustand mit nur vier gefitteten Komponenten:
Wird der Volumenanteil gefitteter Komponenten nach der Optimierung sehr klein oder negativ,
müssen diese gelöscht werden.
Sie würden die weitere Texturberechnung belasten ohne wesentlich zur Texturbeschreibung
beizutragen.
Dasselbe gilt für die Streuanteile q der Polfigurkoinzidenzen, die durch MulTex
automatisch berechnet werden.
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